Die Idee

Aus einer Spinnerei bei einem Bier und einigen glücklichen Zufällen wurde ein Plan. Ein Plan, der mich jetzt ein gutes halbes Jahr beschäftigt. Wie oft habe ich schon gedacht, man müsste mal richtig viel Zeit zum Segeln haben. Nicht nur die üblichen zwei oder maximal drei Wochen im Sommerurlaub, in denen einem dann doch die Zeit im Nacken sitzt, der Wind oder das Wetter nicht passt, um mal weiter als bis nach Hiddensee zu kommen. Aufstehen mit Sonnenaufgang, in die Koje kriechen mit Sonnenuntergang; Anlegen und Ankern, wo es schön ist, unbekannte Häfen und Orte erkunden, bei jedem Wetter draußen sein, sich auf das Wesentliche beschränken und dabei in vielerlei Hinsicht die eigene Komfortzone verlassen.

Lange Strecken auf mir bisher unbekannten Gewässern mit viel Schiffsverkehr, Nachtfahrten, Strömung, zu viel oder zu wenig Wind aus allen Richtungen…

Mit dieser Idee im Kopf bot sich Anfang Oktober bei einen Personalgespräch die Gelegenheit für den kommenden Sommer 4 Monate „Sabbatical“ zu vereinbaren. Rückenwind gab es von den Vorgesetzten -beide auch Segler, denen ich für diese Möglichkeit unglaublich dankbar bin.

Den Winter habe ich nun damit verbracht Revierführer zu lesen, kleine bunte Fähnchen in meinen Ostseeübersegler an der Wohnzimmerwand zu pieksen, Ausrüstungsgegenstände zu recherchieren und zu besorgen, unzählige Online-Seminare zu den verschiedensten Themen zu besuchen und natürlich am Boot zu arbeiten. Die anfänglich vergleichsweise kurze Liste der Winterarbeiten wuchs im Verlauf etwas, so entschloss ich mich nach dem Einbau von Funkgerät und AIS kurzfristig doch noch dazu, die gesamte Elektrik zu überarbeiten.

 

Doch je mehr ich plane, desto mehr Druck entsteht. Druck, diesen 4 Monaten möglichst viel abzuringen: viele Seemeilen, viele Häfen, viele Erfahrungen und Begegnungen. Denn auch 4 Monate – 16 Wochen, die jetzt noch wie endlos vor mir liegen, werden irgendwann und wahrscheinlich viel zu schnell zu Ende sein. Wer weiß schon, wann sich eine solche Gelegenheit wieder bietet.

Ein anderer Punkt, der mir immer wieder vor dem Ablegen für einen größeren Törn an mir auffällt, ist eine aufkommende Angst vor dem Ungewissen, die sich mit Heranrücken des Abreisetages stetig steigert. Habe ich wirklich an alles gedacht, alles eingepackt, alles gecheckt und ausreichend Sicherheitsvorkehrungen getroffen, für alle Eventualitäten einen Plan B parat?

Nach meiner bisherigen Erfahrung waren diese Ängste meist unbegründet, aber natürlich ist mir klar, dass in 4 Monaten viel passieren kann; kleinere und größere Zwischenfälle, vielleicht Bruch, vielleicht Krankheit…

So langsam wird es konkreter, nur noch eine Woche arbeiten, dann habe ich noch etwa 2 Wochen zum Packen, Proviantieren und Beladen des Bootes geplant. Der erste Geburtstag meines Neffen will gefeiert werden, noch einmal zum Zahnarzt, die Wohnung in einen vernünftigen Zustand versetzen, Briefkasten und Pflanzen in Pflege geben und dann, wenn alles erledigt ist, ganz ohne Stress ablegen und WEG.