Bagenkop – Marstal – Drejø – Thurø

(Dänische) Südseeinseln bei Südseewetter

Ich starte zeitig Richtung Marstal, nicht weil es so weit ist, sondern weil der beliebte Hafen trotz seiner immensen Größe immer seeeehr voll sein soll. 9 Seemeilen mit halbem Wind sind schnell gesegelt und der Motor funktioniert. Das muss er auch, denn das Einlaufen in den Hafen von Marstal in einer langen Lagune wäre sonst wohl nicht möglich gewesen. Schon um kurz nach 10 Uhr finde ich am vorletzten Steg einen ausreichend dimensionierten Liegeplatz. Die Öffnungszeit des Hafenbüros habe ich gerade so verpasst, also bleibt Zeit zum Aufräumen und um eine Kleinigkeit zum Mittag zu organisieren. Später fahre ich mit dem Rad durch den Ort, sitze eine Weile an der Hafeneinfahrt und beobachte die Schiffe. Der Hafen ist wirklich groß: im Nordwesten der Fähranleger, dann die Pier, an der Traditionssegler im Päckchen liegen, dann das kleine Fischereibecken, dann die Werft mit Slip und dann 10 Stege für Motorboote und Segelyachten. Danach wird es flach und nach Süden wird die Lagune durch eine Landzunge begrenzt, auf der niedliche bunte Badehäuschen stehen. Marstal hat viele alte Häuser, oft Fachwerk, bunt angestrichen, davor Stockrosen in allen erdenklichen Farben. Man merkt dem Ort seine Seefahrervergangenheit an. Das Seefahrtsmuseum erstreckt sich über drei Gebäude und eine riesige Freifläche, zudem gibt es im ganzen Hafen verteilt Infotafeln zur Geschichte und den ehemaligen Werften. Als ich zurück zum Boot komme, ist der Hafen voll. An den Stirnseiten der Stege liegen die großen Yachten mit den Bugspitzen zum Steg im Kreis, kleinere, schmale Boote liegen zu zweit in einer Box und immer noch fahren meist größere Boote in den Hafen und suchen jede Gasse nach einem Liegeplatz ab. Letztlich findet jeder eine Übernachtungsmöglichkeit und sei es nur außen noch irgendwo drangebunden. Ich entscheide mich, einen weiteren Tag zu bleiben, da für den folgenden Tag so gut wie kein Wind und 30°C vorhergesagt sind. 

Bereits vor dem Aufstehen am nächsten Tag habe ich neue Nachbarn. Die frei werdenden Plätze werden umgehend von den Päckchenliegern wieder aufgefüllt. Für mich beginnt der Tag mit einem kleinen Bootsbauprojekt. Da die Halterung von meinem selbstgeschnitzten Flaggenstock zu brechen droht, besorge ich mir beim lokalen Ausrüster eine neue Halterung samt Flaggenstock und eine neue Nationale. In der Fußgängerzone gibt es außerdem einen fantastischen Eisenwarenladen, in dem man wirklich alles findet: von der Nagelschere bis zum Gummistiefel, von der kleinsten Schraube bis zum Mikrowellenofen; es gibt einfach alles. Der Laden ist eng und vollgestellt und in manchem Gang bin ich mir nicht sicher, ob das noch der Laden ist oder schon das Lager. Ich kaufe einen doppelten Landstromadapter, denn nicht nur die Liegeplätze im Hafen sind knapp, sondern auch die Stromanschlüsse. Bei den sommerlichen Temperaturen hält die Kühlbox ohne Strom nicht lange durch. Den Rest des Tages verbringe ich antizyklisch. Nachmittags ins leere Seefahrtsmuseum statt an den vollen Strand, dann abends an den leeren Strand, so richtig erfrischend ist das Bad in der flachen Lagune aber nicht.

Am folgenden Tag will ich auf die Insel Drejø. Kleine Insel, kleiner Hafen, also nicht zu spät losfahren. Die Abfahrt verzögert sich um ca. 45 min, weil ich zum Starten des Motors mal wieder eine dritte Hand brauche. Ich segle vorbei an der noch kleineren Insel Birkholm nach Norden, nach Drejø und komme dort zeitgleich mit drei anderen Booten an. Zwei bekommen noch eine Box, der dritte Segler beginnt ein Päckchen an einer großen Yacht an der Pier. Ich lege mich als drittes Boot ins Päckchen, ein weiterer Segler beginnt ein Päckchen an einem Motorboot dahinter. Es stellt sich heraus, dass das innenliegende Boot nur für einen Tagesausflug festmacht und um 15 Uhr wieder ablegen will. Das wird lustig. Da das Ablegen von 4 der 6 Boote dann in der gleichen Reihenfolge stattfindet, tüddeln wir einige Zeit mit den Leinen, dann bilde ich für die Nacht ein Päckchen mit der Yacht „Madonna“, deren dänischer Eigner sehr um mein Wohl besorgt ist. Er leiht mir ein Verlängerungskabel (wegen der Kühlbox…) und eines seiner Fahrräder, damit ich meins nicht über zwei Boote an Land wuchten muss. Auf der Insel gibt es nur einen Ort und ein paar versprengte Häuser mit zwei Kiosken und einem Gartencafe. Vor vielen Häusern gibt es etwas gegen Kasse des Vertrauens zu erwerben: Kirschen, bemalte Steine, Selbstgestricktes oder Erfrischungsgetränke aus einem Kühlschrank am Wegesrand. Nach dem Abendessen fahre ich zur kleinen Steilküste und treffe unterwegs gerade mal zwei Menschen. Die letzte Fähre mit Tagestouristen fuhr um 18:30 Uhr.

Für den nächsten Tag bin ich unentschlossen, wie ich weiterfahren will. Eigentlich wollte ich nach Skarø, eine Insel die nur 5 Seemeilen entfernt und berühmt für ihr Eis ist (1 Kugel 5€, 2 Kugeln 6€).  Während ich die Karte studiere, bietet mir der Nachbar an, frische Brötchen aus dem Ort mitzubringen, doch ich habe bereits gegessen. Wegen des zunehmenden Westwindes und falls ich in Skarø keinen Platz finden sollte, ziehe ich in Erwägung nach Rantzausminde oder Troense zu fahren, doch der Nachbar empfiehlt mir den Thurø-Bund, dort sei in der Walstedt-Werft sein Boot gebaut worden. Nachdem er vom Brötchenholen zurück ist, schrauben wir gemeinsam noch etwas an der Leerlaufdrehzahl meines Motors und er erzählt mir, dass er noch ein weiteres Boot zum Regattasegeln (BB10m) besitze und gerade überlege, ob er ein baugleiches, also ein drittes, aus Greifswald kaufen solle. Mit Trailer und in besserem Zustand als sein jetziges Regattaboot sei das ein Schnäppchen.

Nach dem Ablegen fahre ich erstmal Richtung Skarø. Im Fahrwasser muss man hier auf die Fähren, die zwischen den kleinen Inseln fahren, Acht geben. Die kabbelige Welle erinnert mich etwas an die Boddenwelle. Da es gut läuft, fahre ich doch nicht nach Skarø, sondern in den Svendborgsund. Der Himmel ist inzwischen aufgezogen und mit dem Westwind plus Strömung segelt es sich hier bestens. Mir wurde gesagt, es sei eng hier, aber jeder, der das behauptet, kennt das Hiddenseefahrwasser nicht. Ich unterquere die Brücke über den Sund, passiere den Yachthafen und fahre auf die Docks zu. Hier gibt es südlich eine Untiefentonne. Ich gucke vielleicht ein bisschen zu viel in der Gegend umher, als es plötzlich ein Geräusch gibt, als würde eine Welle an etwas brechen. Vier Meter voraus sehe ich auch diese Welle. Leichte Panik! Befinde ich mich etwa auf der falschen Seite der Tonne? Wieder ein Schnauben und Platschen. Es ist „Delle“, der Svendborgdelfin, der mir diesen Schreck eingejagt hat. In Flipper-Manier schwimmt und springt er zwischen den Booten auf die Brücke zu. Ich hatte davon gelesen, dass sich seit einigen Jahren ein Delfin hier zu Hause fühlt, aber in diesem Moment hatte ich das nicht erwartet. Beim Filmen muss ich aufpassen, dass ich nicht wirklich gegen die Untiefentonne fahre.Vorbei an den Docks macht der Svendborgsund einen Knick nach Süden und mit ein bisschen Fahrt und 1,3 Knoten Strom geht es entlang des grünen Ufers mit malerisch gelegenen Häusern zur kleinen Insel Thurø, die mit Fünen über einen kleinen Damm verbunden ist. Die Insel hat die Form eines geöffneten Hundemauls. In der dadurch entstehenden tiefen Bucht kann man wohl super ankern, ich mache aber bei den kleinen Fischerhäuschen am Nordufer der Bucht beim Thurø Sejlclub fest. Hier gibt es erstaunlich viele freie Liegeplätze unterschiedlicher Größe, ein Vereinsheim mit Küche, Gemeinschaftsraum und Sanitär, das genutzt werden kann. An die 40 Optis und andere Jollen zeugen von einer aktiven Jugendabteilung. Die insgesamt behindertengerechte Anlage mit entsprechendem Parkplatz und Rampen zum Vereinsheim und auf den Stegen ermöglichen inclusives Segeln in der 2.4m-Klasse, von denen es hier 5 Boote gibt. Der Verein hat vier J-70, mit denen wöchentlich nach Zulosung des Bootes regattiert wird. Es gibt ein Schwimmponton und es stehen sogar SUPs und Kajaks zur freien Nutzung zur Verfügung. Hier fühle ich mich wohl; es ist ruhig, landschaftlich superschön mit dem Blick auf den vorgelagerten Iholm und die Insel Tåsinge und hier herrscht kein Schaufahren der großen und noch größeren Luxusyachten. Unter den einheimischen Booten sind viele GFK-Klassiker in der Größe zwischen 7 und 12 Metern, also ähnlich wie im ASV. Der Ort Thurø By liegt oberhalb des Hochufers, das man über viele kleine Treppen oder eine sehr steile Straße erklimmen kann. Um die Kirche herum gibt es einige alte Fachwerkhäuser, ansonsten hat man eher das Gefühl eines Vorortes von Svendborg mit einem großen Neubaugebiet mit vielen modernen Einfamilienhäusern. Es gibt einen Kebapladen, einen Supermarkt, ein Restaurant und eine kleine Brauerei und wenn man an der Kirche vorbei wieder bergab geht, kommt man an einen weiteren Hafen, der aber nur für kleine Motorboote tauglich ist. Vom Segelclub aus gibt es einen versteckten Weg am Ufer entlang, der bis zur Walstedt-Werft führt.

Zurück an Bord koche ich ein Curry und verabrede mich mit der Tarja-Crew für den nächsten Abend zum Grillen auf Langeland. Thorsten und Kirsten sind gerade auf Omø und wollen morgen nach Spodsbjerg auf der östlichen Seite von Langeland, ich werde noch einmal – diesmal mit dem Boot und nicht mit dem Bus – runter nach Rudkøbing auf der westlichen Seite von Langeland fahren. Ich freue mich sehr auf das Treffen.

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