LSF 50+ schützt nicht vor Corona
Am Folgetag schlafe ich aus und rechne schon damit, dass der Hafenmeister klopfen kommt, wann ich denn mein Boot vom für Multis reservierten Kopfplatz verhole. Ich mache einen Testlauf mit dem Motor und entscheide mich dann, statt nur eine andere Box zu suchen, gleich die 12 Seemeilen nach Kühlungsborn anzugehen. Bei 5 Bft aus Ost sollte das schnell zu machen sein. Die Sonne brennt und ich rüste mich mit Hut, Sonnenbrille und UV-Shirt aus. Gegen 13 Uhr verlasse ich die riesige unpersönliche 5-Sterne-Marina und bin wiedermal dankbar für meinen kleinen, beschaulichen Liegeplatz in Wieck. DAS ist wahrer Luxus.
Dank Revierfunk und AIS bin ich gut im Bilde, welche Schiffe gerade im Seekanal unterwegs sind; ich lasse einen Frachter einfahren und das Mehrzweckschiff „Arkona“ der Küstenwache ausfahren und quere dann zügig unter Genua den Seekanal nach Westen. Mit 4 bis knapp 6 Ktn geht es voran. Solange man nicht zu dicht unter Land fährt, gibt es hier keine Flachs zu beachten. Die weißen Gebäude von Heiligendamm und auch die Dächer der großen Hotelanlagen in KüBo sind schnell an Land zu erkennen. Auch die gelbe Tonne „Reede2“ lässt sich gut ausmachen. Auf dem Plotter sehe ich etwas südwestlich vor mir einen dünn gestrichelt markierten Bereich, beim Reinzoomen: ohje, Fischereigebiet. Auf dem Wasser sehe ich jetzt auch die Fähnchen und sogar die Ketten aus Schwimmkörpern zwischen ihnen. Also muss ich einen kleinen Haken schlagen, halte dann aber wieder auf die leuchtenden Dächer zu. Zwei Seemeilen vor der Hafeneinfahrt liegt wieder ein riesiges Schiff der Küstenwache vor Anker, das ich mit gebührendem Abstand südlich passiere.
Im Hafen finde ich einen freien Platz an einem der hinteren Stege, die für kleinere Boote ausgelegt sind. Das Anlegen an Fingerstegen habe ich bisher etwas gescheut, weil sie gerade Alleinseglern wenig Möglichkeit geben, mit Leinen aufzustoppen und man vorher nie so richtig weiß, wie tief man die Fender hängen muss. Liegt man aber einmal fest, ist es ganz praktisch, weil man seitlich vom Boot klettern kann.
Die Marina ist halb so groß wie in Warnemünde, hat aber trotzdem ca. 400 Liegeplätze und den gleichen Service zu fairen Preisen. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass er kommunal betrieben wird. Direkt oberhalb der Stege gibt es zahlreiche Bars, am Wochenende Livemusik und der Strand ist in max. 5 Minuten zu erreichen.
Meine eigene Matschigkeit nach der Ankunft interpretiere ich erstmal noch als Folge meines Übernachttörns in Verbindung mit der Hitze. Schüttelfrost am Abend bestärkt mich in meiner Theorie mit dem Sonnenstich. Schnupfen und Halsschmerzen passen dann leider nicht mehr dazu. Die ersten beiden Schnelltests sind nicht auswertbar, weil der Kontrollstreifen nicht erscheint, der dritte einer anderen Firma ist dann nicht mehr fehlzuinterpretieren.
Nun sitze ich also den vierten Tag schniefend und schwitzend hier an Bord, fahre mit dem Rad ein Stück im schattigen Wald, spaziere am Strand, lese viel und schlafe noch mehr. Es wird schon besser und war auch nicht wirklich schlimm, aber die nächste Etappe von ca. 25 Seemeilen Richtung Wismar traue ich mir so dann doch nicht zu. Leider bedeutet das auch, dass ich nicht wie geplant ein paar Tage von Bord zu meinen Eltern fahren kann, um den Geburtstag meiner Großmutter zu feiern und den sommerlichen Garten zu genießen. Aber jetzt zu Hause in Greifswald in der Wohnung zu sitzen, wäre wohl noch ätzender. Hier ist es auszuhalten.